Über allem steht die Quote...

Journalismus kann seine Produktionskosten nur finanzieren, indem er publizistischen Erfolg in Geld umrechnet. Doch wie gelingt das? Das gängigste und verbreiteste Mittel dazu ist die Quote bei TV und Radio, die Auflage bei Printmedien und die Seitenaufrufszahlen bei Webseiten. Je höher diese jeweils sind, desto mehr Geld kommt von den Werbeverträgen mit Unternehmen herein.

Es ist zu beobachten, dass Nachrichtenformate mit hohem Auslandsanteil für Zuschauer anscheinend immer unattraktiver werden. Die wohl bedeutendsten dieser Sendungen im deutschen Fernsehen, der Weltspiegel (ARD) und das Auslandsjournal (ZDF), locken heute etwa fünf Millionen Deutsche vor den Fernseher. 1985 waren es noch über zwölf Millionen. Der beständige Druck, die Quote zu erhöhen, schlägt sich dann auch im Programm direkt nieder. Zahlreiche Dokumentationen zu Auslandsthemen werden erst im Nachtprogramm gesendet oder in den Spartenkanal Phoenix verschoben. Dabei stellt sich die Frage, warum sich die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender überhaupt dem Diktat der Quote unterwerfen müssen.

 

Im Printbereich ergibt sich dieses Problem nicht so stark, da eine Zeitung prinzipiell im Ganzen gekauft wird, nicht einzelne Artikel daraus. Radio und Fernsehen streben aber danach, möglichst hohe Hörer- oder Zuschaueranteile zu erzielen. Man kann sagen, dass hiervor allem Redakteure das Programm so ausrichten müssen, dass die Quote steigt.

TV-Dokus nur noch Nachts?

Doch Nachrichten lassen sich für die Unternehmen auch rentabler gestalten, in Form des sogenannten Infotainment. Der Begriff bezeichnet ein Modell, bei dem Information und Unterhaltung (engl. Entertainment) in einem Format erscheinen. In Deutschland sind solche Sendungen noch eher die Ausnahme, jedoch dürfte soetwas in Zukunft , vor allem im Fernsehen, häufiger anzutreffen sein – und dabei am wahrscheinlichsten bei Privatsendern wie RTL, Pro 7 oder Sat 1. Kritiker des Infotainment sehen die Gefahr, dass Informationssendungen durch solche Praktiken zu einem „Kessel Buntes“ geraten. Herkömmliche Werbeclips oder Werbebanner und Nachrichtensendungen stehen in keinem optimalen Verhältnis zueinander. Keine Firma der Welt möchte, dass eines ihrer Produkte mit dröger Politik, Skandalen, Krisen und Katastrophen verbunden wird. Da jedoch sehr oft Nachrichtensendungen nach den drei Ks (Krisen, Kriege, Katastrophen) ausgerichtet sind oder innenpolitische Themen behandeln, sehen Unternehmen keinen Sinn darin, ihre Werbung in zeitlicher Nähe zu diesen zu platzieren. Zudem würde jeder Werbeclip die Seriosität der Nachrichten schmälern, da hier zwei gemeinhin gegensätzliche Welten aufeinanderprallen: die vermeintlich reale und objektive Nachrichtenwelt und die Welt der Verführung und Suggestion durch Werbung. Einnahmen durch Werbekunden sind deshalb bei den einschlägigen Nachrichtenformaten relativ gering. Privatsender haben so Verluste zu befürchten. Bei den öffentlich-rechtlichen Anstalten ARD und ZDF sowie den „Dritten“ (NDR, WDR, MDR, BR usw.) gilt allgemein schon eine Beschränkung für Werbung, sodass hier die Einbußen nicht ins Gewicht fallen.

 

Doch Einnahmen durch hohe Quoten oder Werbung, kommerzielle Berichterstattung und die damit verbundenen Profite aus journalistischer Arbeit sind nur ein Teil des Ganzen. Reportagen und Nachrichten richten sich an ein breites Publikum, genau genommen an die gesamte Gesellschaft. Natürlich haben Medienunternehmen stets Gewinnerwartungen und steuern den Betrieb möglichst kosteneffizient. Trotzdem gelten noch andere Werte in der Branche, nämlich solche, die durch die Erwartungen der deutschen Leser, Hörer und Zuschauer entstehen. Aktualität, Wahrheit, Qualität, Echtheit und Aufrichtigkeit gehören dazu. Journalismus versteht sich seit jeher als Dienst an den Bürgern eines Landes und darf deshalb niemals zum reinen Geschäft werden.